Warum immer diese gekürzten Ausgaben?

VIELE, GERADE ÄLTERE Bücher anderssprachiger Autoren gibt es auf deutsch nur gekürzt. Manchmal weil man die Leser nicht überfordern möchte, manchmal weil der Übersetzer manche Dinge als unnötig empfunden hat (was ja die größte Frechheit ist, es ist nicht sein Werk, er soll es nur übersetzen, nicht interpretieren!), manchmal aus Unvermögen heraus, weil Dinge nicht verständlich waren, manchmal weil der Verlag eine Maximallänge will, manchmal aus gar nicht nachvollziehbaren Gründen.

Zum ersten Mal entdeckte ich es, als ich »Der Graf von Monte Christo« von Alexandre Dumas kaufen wollte. Es gibt unzählige Ausgaben, aber nur genau eine vollständige, und die erst seit diesem Jahr. Nach 165 Jahren. Und nur im Taschenbuchformat.

Dann gibt es »Es« von Stephen King. Auch davon sind unzählige Versionen zu haben, und man kann sagen, in den letzten 25 Jahren sind die Seitenzahlen gestiegen, es wurde immer vollständiger.
Vor ungefähr einem Jahr habe ich mir die damals aktuelle Ausgabe gekauft, seit Februar gibt es eine neue, als »vollständig« betitelte Ausgabe. Rein rechnerisch kann aber zwischen diesen Versionen nicht viel Unterschied sein, obwohl meine Ausgabe 1200 Seiten und die neue 1500 Seiten hat. In der neuen Version sind aber sowohl vier Zeilen weniger pro Seite (was 130 Seiten ausmachen würde), als auch weniger Anschläge pro Zeile (was 200 Seiten ausmachen würde – hmm… laut meiner Milchmädchenrechnung würde in meiner Ausgabe mehr drinnenstehen). Ein Vergleich meiner Ausgabe mit einer Leseprobe der Neuausgabe zeigt, dass zum Einen manche Wörte durch einfachere ersetzt wurden, als auch dass Bill noch mehr stottert. Wie gesagt, viel kann nicht hinzugekommen sein, auf jeden Fall nicht genug, sich die Neuausgabe zusätzlich zu kaufen. Außerdem ist bei der neuen das Titelbild billig.

Kommen wir zum Hauptgrund, warum ich diesen Eintrag schreibe: Jules Verne.
Seit der (wunderschönen) Erstveröffentlichung von Hartleben ist nichts Gescheites nachgekommen, verschiedenste gekürzte Ausgaben sind erschienen, die (billig aussehende) Pawlak- Reihe aus den 80ern, die nur wenig Kürzungen zu der Hartleben Ausgabe hat, ist noch am sinnvollsten, da davon auch zu normalen Preisen Bände (gebraucht) erhältlich sind. In blau mit Duchnummerierung für Sammler, und in rot ohne Nummerierung, was besser ist wenn man nur einzelne Bände will. Leider ist es mehr als schwer, die beiden Ausgaben zu unterscheiden, weil sie nicht Unterschieden werden.
Dann gibt es die Diogenes- Versionen. Meistens ziemlich vollständig (bezüglich der Erstausgabe, die aber ebenfalls Kürzungen hat), allerdings in verschiedenen Covern, da sie mehrmals aufgelegt wurden, ich weiß nicht ob sich diese Versionen untereinander unterscheiden, oder nur das Cover unterschiedlich ist. Damit ist es natürlich schwer, sie in gleicher Aufmachung zu bekommen, da alle als Ausgabe von 1979 stammen, auch wenn sie z.B. von 1991 sind.
Die Fischer- Ausgaben sind so ne Sache. Ab 2001 sollen sie ungekürzt sein, vorher gekürzt. Ungekürzt gibt es noch nicht viele.
Dann gab es 2007 eine Weltbild Sammlerausgabe, die optisch toll aussieht, aber nur die ersten 5 Bände relativ ungekürzt sind.
Der Artemis & Winkler Verlag hat sich vor Kurzem an eine ungekürzte Neuübersetzung gemacht, leider nur von ein paar Büchern, glücklicherweise genau die 5, die ich haben will. Leider haben sie beschlossen, die Sprache zu modernisieren, damit sie moderner klingt. Ich will aber eine altertümliche Sprache, schließlich ist es ja damals so geschrieben worden. Bei Shakespeare kommt auch keiner auf die Idee, seine Werke »cooler« zu übersetzen…
Der dtv Verlag hat die Artemis & Winkler Werke als Taschenbücher neu aufgelegt, allerdings (noch) nicht alle.

Welche Bände ich möchte:
– 20.000 Meilen unter dem Meer
– Reise zum Mittelpunkt der Erde
– Von der Erde zum Mond
– Reise um den Mond
– Reise um die Erde in 80 Tagen
Die Ausgaben, die all diese ziemlich ungekürzt haben sind
– der Hartleben Verlag (zu teuer da nicht mehr erhältlich)
– der Pawlak Verlag (schwer einheitlich zu bekommen, da 2 Versionen existieren)
– der Diogenes Verlag (schwer einheitlich zu bekommen, da viele Versionen existieren)
– der Artemis & Winkler Verlag (teuer, da nicht mehr erhältlich, moderne Sprache)
Mittlerweile habe ich die Suche nach diesen Verne- Büchern aufgegeben, da ich einfach nicht fündig wurde und habe angefangen, die einzelnen Bücher von verschiedenen Verlagen zu mischen.

Bei meiner Version von »Dr. Jekyll und Mr. Hyde« bin ich mir mittlerweile auch nicht mehr sicher, ob sie vollständig ist, habe aber in einer ersten Recherche keine sinnvollen Ergebnisse bekommen. Scheint aber, als wenn es da keine ungekürzten Versionen gäbe.

Bei »Die unendliche Geschichte« gibts dann noch ein anderes Problem: nicht die Kürzung, sondern die Aufmachung macht mich wahnsinnig. Das Buch lebt von zweifarbigem Text, verzierten Initialen am Kapitelanfang, und das Original hatte einen Kupfer schimmernden Einband, wie das in der Geschichte beschriebene Buch. Von diesen drei Dingen sind in vielen Ausgaben mindestens eines nicht vorhanden, und es ist für mich nicht nachvollziehbar, welche Ausgabe diese Dinge sicher beinhaltet.

Sind meine Ansprüche zu hoch? Ich will originalgetreuen (und sprachlich der Zeit entsprechenden), vollständigen Text, dann wäre ich ja schonmal (fast) glücklich. Aber das alleine ist schon zuviel verlangt.

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